Die Bundesregierung hat Beschäftigungsmöglichkeiten für
Flüchtlinge und
Asylbewerber erweitert. Doch ohne dauerhaften Aufenthaltstitel bleibt die Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen an strenge Regeln gebunden, die ein Arbeitgeber kennen sollte.
Hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen
Antrag auf Asyl anerkannt, darf der Betroffene uneingeschränkt arbeiten. Er darf eine Ausbildung beginnen, eine Stelle antreten oder ein Unternehmen gründen. Für anerkannte Asylbewerber gelten dieselben arbeitsrechtlichen Regelungen wie für deutsche Arbeitnehmer oder für solche aus dem EU-Ausland.
Achtung: Hat das Bundesamt lediglich einen Abschiebungsverbot erteilt, dann braucht der Betroffene zusätzlich eine Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde.
Arbeitserlaubnis nach 3 Monaten, aber …
Menschen ohne Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik Deutschland dürfen arbeiten, wenn auch nur mit
Genehmigung der Ausländerbehörde. Die Bundesregierung hat am 11. November 2014 die Regeln für die Beschäftigung von Flüchtlingen und Asylbewerbern gelockert. So können Betroffene schon drei Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland eine Stelle antreten oder eine Ausbildung beginnen, das bestimmt
§ 61 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG). Nach dieser Frist erlischt auch die Residenzpflicht. Der Arbeitssuchende kann sich danach also bundesweit bewerben. Die Drei-Monatsfrist beginnt am Tag der Meldung des Asylgesuchs und der Ausstellung der Aufenthaltsgestattung.
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… nur nach Vorrangprüfung …
Allerdings hat der Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 Nr. 1b Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die sogenannte Vorrangprüfung zur Bedingung erklärt: Die Zentrale
Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit prüft, ob für die Stelle Arbeitskräfte aus Deutschland, aus dem EU-Ausland oder ihnen rechtlich gleichgestellte Interessenten zur Verfügung stünden. Ist das nicht der Fall, erteilt die Bundesagentur ihre Zustimmung.
Die Juristin Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates in Nordhrein-Westfalen (NRW), sieht in dieser Regelung ein
faktisches Arbeitsverbot für Flüchtlinge. Entscheidend sei nämlich nicht, ob sich vor Ort Deutsche oder EU-Ausländer fänden, die sich für die fragliche Stelle interessierten, beklagt Naujoks in einem Artikel auf "Legal Tribune Online" (LTO.de).
Entscheidend sei nach dem
Vorrangprinzip die theoretische Möglichkeit, eine Stelle mit einem Deutschen oder EU-Ausländer zu besetzen. Erst nach einem weiteren Jahr Wartezeit kann ein Flüchtling ohne Vorrangprüfung eine Stelle antreten – nach insgesamt 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland.
… und Arbeitsmarktprüfung
Die Bundesagentur muss darauf achten, dass Arbeitgeber einen Flüchtling oder Asylbewerber nicht anders behandeln als einen deutschen oder einen gleichgestellten Arbeitnehmer aus dem Ausland. Der Arbeitgeber muss daher gemäß § 39 Abs. 2 AufenthG die Bundesagentur über Arbeitszeiten, Lohn und Arbeitsbedingungen des neuen Mitarbeiters informieren. Dieser Vorgang wird als
Arbeitsmarktprüfung bezeichnet.
Ausnahmen: Arbeiten ohne Vorrangprüfung
Die Ausländerbehörde kann im
Einzelfall auch ohne Vorrangprüfung eine Arbeitserlaubnis erteilen. Das gilt für...
- Hochschulabsolventinnen und -absolventen in Engpassberufen
- Fachkräfte, die eine anerkannte Ausbildung für einen Engpassberuf nach der Positivliste der Bundesagentur für Arbeit haben beziehungsweise an einer Maßnahme für die Berufsanerkennung teilnehmen.
Zwar muss die
Bundesagentur für Arbeit auch in einem solchen Fall gefragt werden, die Vorrangprüfung kann aber entfallen.
Risiko: Abschiebung
Ab dem 16. Monat seines Aufenthalts in Deutschland kann ein Asylbewerber oder Flüchtling ohne Vorrangprüfung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Allerdings erwirbt der Flüchtling kein gesondertes Aufenthaltsrecht, wenn er eine Stelle antritt. Das heißt: Wenn
sein
Asylantrag abgelehnt wird, droht ihm die Abschiebung. Davor schützt keine begonnene Ausbildung, kein Studium und kein Arbeitsvertrag.
Aufenthaltserlaubnis nach acht Jahren
Die Beschäftigung eines Flüchtlings kann sich für das Unternehmen also zur
Zitterpartie entwickeln. Denn erst mit der Bewilligung seines Asylantrags erreicht ein Flüchtling einen dauerhaften Aufenthaltsstatus. Einen weiteren Ausweg eröffnet der Gesetzgeber in § 25b AufenthG. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Ausländer "sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat". So heißt es im Gesetz.
Als
Kriterien für eine
nachhaltige Integration nennt das Gesetz:
- Mindestens acht Jahre Aufenthalt in Deutschland, für Eltern minderjähriger Kinder mindestens sechs Jahre.
- Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
- Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung.
- Überwiegende Erwerbstätigkeit.
- Hinreichende Deutschkenntnisse.
- Nachgewiesener Schulbesuch der Kinder.
Auf der Basis dieser Kriterien kann die
Ausländerbehörde eine
Aufenthaltsgenehmigung für höchstens zwei Jahre erteilen. Diese Aufenthaltserlaubnis gilt zugleich als Arbeitserlaubnis.
Fragen und Antworten
Wie erkennt ein Arbeitgeber, ob ein Bewerber aus dem Ausland bei ihm arbeiten darf?
Der Bewerber muss sich mit seinem Aufenthaltsgenehmigung oder seiner Duldung. Darin kann die Ausländerbehörde in einer sogenannten Nebenbestimmung Beschäftigungsmöglichkeiten für den Bewerber eintragen.
Wie sollten sich Flüchtlinge verhalten, wenn sie ein Arbeitsplatzangebot erhalten?
Der Arbeitssuchende sollte das Arbeitsplatzangebot mit der zuständigen Ausländerbehörde besprechen, rät das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Verlieren Flüchtlinge ihren Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wenn sie eine Arbeitsstelle antreten?
Teilweise. Das Arbeitsentgelt wird auf die Leistungen angerechnet, die um den entsprechenden Betrag gekürzt oder auch ganz gestrichen werden.
Kann die Residenzpflicht einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen?
Nein. Die Residenzpflicht endet nach drei Monaten. Und erst dann darf ein Flüchtling Arbeit aufnehmen.
Kann die Arbeitsaufnahme an der Wohnsitzauflage scheitern?
Die Wohnsitzauflage bestimmt, dass Menschen nicht beliebig umziehen können, wenn sie Sozialleistungen beziehen. In der Regel steht sie einer Arbeitsaufnahme nicht entgegen. Allerdings brauchen Flüchtlinge und Asylbewerber die Genehmigung der Ausländerbehörde.
Können sich Flüchtlinge arbeitssuchend melden?
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge darf sich ein Ausländer arbeitssuchend melden, wenn er zumindest eine Aufenthaltsgestattung vorweisen kann. Die bekommt er, wenn er seinen Asylantrag gestellt hat.
Dürfen Flüchtlinge oder Asylbewerber bei einer Zeitarbeitsfirma arbeiten?
Nein. Flüchtlinge dürfen erst nach vier Jahren Aufenthalt in Deutschland als Leiharbeiter eingesetzt werden.
Dürfen Flüchtlinge oder Asylbewerber selbstständig arbeiten?
Nein. Erst wenn sie einen Aufenthaltstitel besitzen, dürfen Flüchtlinge sich selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen.
Quelle:
Bundesregierung, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, SWR, Legal Tribune Online
letzte Änderung W.V.R.
am 30.06.2024
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
© panthermedia.net / Randolf Berold
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14.07.2016 19:30:01 - PM
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