Wenn Unternehmen
befristete Beschäftigung vereinbaren, sollten sie wissen: Beim kleinsten Fehler gilt ein solches Arbeitsverhältnis als entfristet. Alle Regeln und Fallen der befristeten Beschäftigung auf einen Blick:
Befristete Arbeitsverhältnisse: Gedacht als Ausnahmen, sind sie längst Arbeitsalltag geworden. 2012 erfolgten 44 Prozent aller Neueinstellung in Deutschland befristet. Über alle Branchen hinweg arbeiteten fast 10 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer befristet. Die Zahlen veröffentlichte 2013 das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit.
Für den Arbeitgeber bedeutet der befristete Arbeitsvertrag eine
verlängerte Probezeit. Im unbefristeten Arbeitsverhältnis tritt nach spätestens sechs Monaten der Kündigungsschutz ein. Von diesem Zeitpunkt an, wird es für den Arbeitgeber schwierig, sich wieder von dem neuen Mitarbeiter zu trennen. Ein Befristetes Anstellungsverhältnis endet zum vereinbarten Zeitpunkt und bedarf keiner Kündigung. Befristete Arbeitsverhältnisse hat der Gesetzgeber im Gesetz über
Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (
TzBfG) geregelt.
Achtung! Dieses Gesetz sollten Arbeitgeber kennen und genau befolgen. Verstößt ein befristeter Arbeitsvertrag in einem Punkt gegen eine Regel im TzBfG, gilt das Arbeitsverhältnis automatisch als entfristet (§ 16 TzBfG).
Gründe für eine Befristung
Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer nur unter strengen Auflagen ohne Grund befristet einstellen. Größere Gestaltungsspielräume schafft die Sachgrundbefristung: Nach
§ 14 Abs. 1 TzBfG liegt ein gerechtfertigter Grund für eine Befristung "insbesondere vor, wenn
- der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
- die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
- der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
- die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
- die Befristung zur Erprobung erfolgt,
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
- der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
- die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht."
Der Berliner
Rechtsanwalt Martin Hensche, der auf Arbeitsrecht spezialisiert ist, weist in einer Abhandlung über befristete Beschäftigung allerdings darauf hin, dass diese Aufzählung keineswegs abschließend gemeint sei. Das mache das Wort "insbesondere" deutlich. Möglich wären demnach auch andere Gründe für eine
Befristung, die in der Liste nicht erwähnt sind.
Das Gesetz verbietet außerdem eine
Diskriminierung befristet Beschäftigter. Sie müssen den gleichen Lohn, die gleichen Arbeitsbedingungen und den gleichen Urlaub bekommen wie ein vergleichbarer unbefristet angestellter Mitarbeiter. Auch geldwerte Leistungen darf der Arbeitgeber dem befristet beschäftigten Mitarbeiter nicht verwehren, wenn er sie unbefristet angestellten Kollegen gewährt.
Formen der befristeten Beschäftigung
Die häufigste Form der Befristung ist die auf Zeit. In einem solchen Arbeitsvertrag vereinbart der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Anstellung befristet für eine
bestimmte Zeitdauer, meistens
für
ein
Jahr. Grundsätzlich sind auch andere Fristen denkbar. Das Arbeitsverhältnis kann aber auch nach einem Zweck befristet sein – beispielsweise als Krankheitsvertretung oder für ein Projekt. Ist der ausgefallene Mitarbeiter wieder genesen oder das Projekt abgeschlossen, dann endet das befristete Arbeitsverhältnis. Dazu später mehr.
Die sachgrundlose Befristung
Nicht immer muss ein befristetes Arbeitsverhältnis sachlich begründet sein. Der Gesetzgeber erlaubt auch eine sogenannte "
sachgrundlose Befristung" (§ 14 Abs.2 TzBfG). Die
sachgrundlose Befristung ist eine
kalendermäßige Befristung.
Der Arbeitgeber muss keinen Grund für die Befristung anführen. Aber das TzBfG setzt enge Grenzen für diese vereinfachte Befristung. § 14 Abs. 3 TzBfG erlaubt die sachgrundlose Befristung höchstens für die Dauer von zwei Jahren. Der
befristete Arbeitsvertrag darf innerhalb dieser Gesamtdauer außerdem höchstens dreimal verlängert werden.
Auch bei der Verlängerung sollten sich Arbeitgeber vorsehen. Eine
Verlängerung liegt nur dann vor, wenn der Vertrag
- Wort für Wort identisch und nur der Beendigungstermin geändert ist.
- vor Ablauf des ersten Vertrags unterschrieben ist.
Verstößt der Arbeitgeber gegen einen dieser Punkte, kann es sich beim
Folgevertrag nicht mehr um einen Anschlussvertrag handeln, sondern um einen neuen Vertrag. Den darf der Arbeitgeber aber nicht mehr mit dem Arbeitnehmer abschließen, weil das TzBfG eine sachgrundlos befristete Beschäftigung nicht erlaubt, wenn der Arbeitnehmer zuvor schon einmal bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war – befristet oder unbefristet.
Achtung! Arbeitet der eigentlich befristet eingestellte Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung mit Duldung des Arbeitgebers einfach weiter - etwa weil der Anschlussvertrag nicht rechtzeitig fertig war - , dann erübrigt sich die Verlängerung: Der Arbeitnehmer gilt dann als unbefristet beschäftigt.
Die zweckbestimmte Befristung
Der Arbeitgeber kann eine Anstellung nicht nur auf Zeit befristen, sondern auch für einen bestimmten Zweck. Es handelt sich also immer um eine
Sachgrundbefristung. Dies bietet sich beispielsweise an, wenn ein Mitarbeiter für voraussichtlich längere Zeit erkrankt. Natürlich geht das Unternehmen davon aus, dass der erkrankte Kollege sich bald erholt, kann den genauen Zeitpunkt aber nicht vorhersehen. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen – befristet bis zur Rückkehr des Gesundeten.
Den
Arbeitsvertrag wird der Arbeitgeber befristen bis zur Rückkehr des erkrankten Kollegen. Der Arbeitsvertrag erlischt damit, wenn der erkrankte Kollege zurückkehrt. Im Unterschied zur kalendermäßigen Befristung erlischt das Beschäftigungsverhältnis aber nicht automatisch, sondern frühestens zwei Wochen nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das Erreichen des Zwecks informiert hat. Dies muss der Arbeitgeber spätestens bei Erreichen des Zwecks mitteilen.
Diese Regel gilt auch, wenn der befristet Beschäftigte dem vom Krankenlager zurückgekehrten Kollegen täglich in der Kantine gegenüber sitzt! Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer melden, dass die Anstellung beendet ist. Erst dann ist der Kollege offiziell gesund. Gehen muss der Vertreter aber damit noch nicht. Wenn der
Sachgrund der Befristung (Die Krankheit des Kollegen) schon seit ein paar Tagen entfallen ist und der Vertreter dies nicht rechtzeitig vom Arbeitgeber angezeigt bekam, gilt er nun als unbefristet beschäftigt.
Kettenbefristungen
Wie viele befristete Anstellungen ein Arbeitnehmer hintereinander hinnehmen muss bis er als unbefristet beschäftigt gilt, hängt von der
Art der Befristung ab:
- Die sachgrundlose Befristung darf nur dreimal verlängert werden.
- Für die Sachgrundbefristung setzt der Gesetzgeber keine Höchstgrenze – weder in Verträgen noch in Dienstjahren.
Doch auch eine Sachgrundbefristung kann im Einzelfall unwirksam werden. Nämlich dann, wenn sie "
rechtsmissbräuchlich" erfolgt. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 18.7.2012, Az. 7 AZR 443/09).
Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen. Kurz: Mit der Länge der
Vertragskette und mit der Gesamtdauer aller Verträge steigen für den Arbeitnehmer die Erfolgsaussichten in einem Arbeitsgerichtsprozess um die Rechtmäßigkeit der befristeten Beschäftigung.
Kündigung und Probezeit bei befristeter Beschäftigung
Im
Kündigungsrecht unterscheidet sich das befristete vom unbefristeten Arbeitsverhältnis. Die Fristen für eine ordentliche Kündigung aus § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regeln, mit welchem Vorlauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis beenden können, das ja andernfalls lebenslang dauern müsste.
Da das befristete Arbeitsverhältnis aber bereits ein Verfallsdatum trägt, gelten die
gesetzlichen Kündigungsfristen nicht automatisch. Eine ordentliche Kündigung ist im befristeten Arbeitsverhältnis nur möglich, wenn sie ausdrücklich im Arbeitsvertrag steht (§ 15 Abs. 2 TzBfG).
Eine
Probezeit ist grundsätzlich auch in einem befristeten Arbeitsverhältnis möglich. Sinnvoll sind Probezeiten bis zu sechs Monaten. Längere Probezeiten entfalten über
sechs Monate hinaus keine rechtliche Wirkung mehr. Nach sechs Monaten gilt auch für befristet beschäftigte Arbeitnehmer der normale
gesetzliche Kündigungsschutz. Eine außerordentliche Kündigung gilt natürlich auch in befristeten Beschäftigungsverhältnissen.
Befristete Beschäftigung: Sonderregelungen
Ältere Arbeitnehmer
Für ältere Arbeitnehmer erlaubt der Gesetzgeber eine
verlängerte sachgrundlose Befristung. Bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren darf ein Arbeitnehmer befristet beschäftigt werden,
- wenn er bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und
- er zuvor vier Monate lang arbeitslos war, Kurzarbeitergeld erhalten oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat.
"Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig" (§ 14 Abs. 3 TzBfG).
Existenzgründer
Existenzgründer dürfen Arbeitnehmer insgesamt
vier Jahre lang sachgrundlos befristet beschäftigen. Innerhalb dieser Dauer erlaubt § 14 Abs. 2a TzBfG mehrere Arbeitsverträge. Bei dem Unternehmen muss es sich um eine echte Neugründung handeln. Neugründungen in der Folge von Umstrukturierungen zählen nicht. Der Befristete Vertrag mit dem Arbeitnehmer muss innerhalb der ersten vier Jahre nach Gründung erfolgen. Als Zeitpunkt der Gründung legt das TzBfG den Tag fest, an dem die Gründung entweder der Gemeinde oder dem Finanzamt mitgeteilt wurde.
Wissenschaft und Hochschulen
Wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulen oder Fachhochschulen gönnt der Gesetzgeber
besonders großzügige Regeln für
befristete Beschäftigung. Hier gilt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Beschäftigte können insgesamt 12 Jahre lang sachgrundlos befristet beschäftigt werden, in der Medizin sogar bis zu 15 Jahre lang (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG). Allerdings ist eine solche Befristung von Jahr zu Jahr seit dem 17. März 2016 nicht mehr in jedem Fall möglich.
Wichtig: Hat der Mitarbeiter noch keinen Doktorgrad, kann nur bis zu einer Gesamtdauer von sechs Jahren sachgrundlos befristet beschäftigt werden. Dies ist als Promotionsphase gedacht. Schafft der Mitarbeiter seinen Doktor früher, dann wird der Rest der sechs Jahre zu den Jahren nach der Promotion hinzugerechnet.
Kinderbetreuung verlängert die Gesamtdauer der Befristung um zwei Jahre je Kind unter 18 Jahren. Auch das WissZeitVG sieht eine Sachgrundbefristung vor, "wenn
- die Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird,
- die Finanzierung für eine bestimmte Aufgabe und Zeitdauer bewilligt ist und
- die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwiegend der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird."
Achtung! Besteht der Sachgrund für eine Befristung voraussichtlich länger als ein Jahr, muss die Hochschule dem Mitarbeiter auch von vornherein einen entsprechend langfristig befristeten Anstellungsvertrag anbieten. Besteht also eine Förderzusage für Drittmittel für die Dauer von drei Jahren, dann muss auch der Mitarbeiter für diese Frist eingestellt werden.
Befristete Beschäftigung: Tipps für Arbeitgeber
Verstößt ein befristetes Beschäftigungsverhältnis in
Auslegung oder
Durchführung auch nur einer einzigen Vorschrift des TzBfG, dann gilt es automatisch als unbefristet. Deshalb sollten Arbeitgeber alle Regeln genauestens einhalten. Arbeitgeber sollten darauf achten, dass
- der befristete Arbeitnehmer als Vertreter ausschließlich dieselben Aufgaben erledigt wie der Vertretene. Insbesondere höherwertige Tätigkeiten als sie der Vertretene ausgeübt hat, können die Befristung zunichte machen.
- der befristete Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung auch tatsächlich nicht mehr zur Arbeit erscheint.
- der befristete Arbeitnehmer bei Verlängerung den Anschlussvertrag rechtzeitig vor Ablauf des vorherigen Vertrags unterschreibt.
- ein Verlängerungsvertrag keine neuen Aufgaben oder veränderten Bestimmungen enthält.
Gefahr droht insbesondere bei sehr langen Befristungen oder vielen
Verlängerungsverträgen. Für den Fall, dass ein Gericht den Grund für eine Befristung nicht akzeptiert, sollte der Arbeitgeber vorsorgen:
- Auch befristete Arbeitsverträge sollten stets ausdrücklich auch eine ordentliche Kündigung enthalten.
- Die Vertragsbestimmungen zur ordentlichen Kündigung sollten rechtssicher sein, denn jedes Versäumnis geht zu Lasten des Arbeitgebers.
Befristete Beschäftigung: Tipps für Arbeitnehmer
Das TzBfG setzt enge Grenzen für befristete Beschäftigung. Oft lohnt es sich, einen befristeten Arbeitsvertrag von einem
Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Ist eine Bestimmung nicht korrekt, gilt der Arbeitsvertrag automatisch als unbefristet. Das gilt vor allem für Mitarbeiter, die schon sehr lange oder mit vielen Anschlussverträgen befristet beschäftigt sind.
Mit einer
Entfristungsklage beim Arbeitsgericht können Arbeitnehmer eine Befristung anzweifeln. Diese Entfristungsklage muss bis spätestens drei Wochen nach dem Ende des befristeten Vertrags beim Arbeitsgericht eingegangen sein.
Achtung! Ist die Entfristungsklage erhoben, darf der Arbeitnehmer einen Anschlussvertrag nur dann unterschreiben, wenn dieser einen Vorbehalt enthält, dass der vorhergehende befristete Vertrag nicht unwirksam ist. Fehlt dieser Vorbehalt, hat sich die Entfristungsklage erledigt. Das Gericht darf dann den vorhergehenden Vertrag nicht mehr prüfen.
Quelle:
Kanzlei Hensche, Haufe.de, TzBfG, WissZeitVG, kluge-recht.de, RA Pascal Croset (Berlin)
letzte Änderung W.V.R.
am 21.06.2024
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
panthermedia.net / Antonio Guillen Fernandez
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