Der
Beitragspflicht in der Krankenversicherung entkommen? Kein Problem für Geschäftsführer - vor allem wenn sie gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens sind. Sehr viel schwerer ist eine Rückkehr in die
gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Lohn1x1.de hat zusammengetragen, was Gesellschafter/Geschäftsführer über Kranken- und Sozialversicherung wissen sollten.
Geschäftsführer fallen meist schon durch ihr Einkommen aus der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse heraus. Doch auch weniger gut verdienende Geschäftsführer gelten oft nicht als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, vor allem wenn sie gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens sind.
Besitzt ein
Geschäftsführer in größerem Umfang Anteile des Unternehmens, in dem er arbeitet, bestimmt er dessen Geschicke maßgeblich mit. Er ist nicht mehr weisungsgebunden bezüglich Arbeitsort und Arbeitszeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist in diesem Fall frei von der Versicherungspflicht in der Sozial- und Krankenversicherung.
Über den Status eines Geschäftsführers entscheidet der
Deutsche Rentenversicherung Bund im Rahmen eines
Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch, IV. Buch (SGV IV). Ansprechpartner ist die sogenannte Clearingstelle Statusfeststellung (
www.clearingstelle.de). Dieses Verfahren ist verpflichtend.
Der Gesellschafter/Geschäftsführer
Der Gesellschafter/Geschäftsführer besitzt selbst
Kapitalanteile an dem Unternehmen. Das verleiht ihm einen großen Einfluss auf das Unternehmen. Je nach Menge der Anteile befreien drei Szenarien einen Gesellschafter-Geschäftsführer von der Sozialversicherungspflicht:
- Er besitzt mindestens 50 Prozent der Anteile am Unternehmen, in dem er arbeitet.
- Die Satzung der Gesellschafterversammlung schreibt für Beschlüsse eine qualifizierte Mehrheit vor. Dann muss der Gesellschafter-Geschäftsführer lediglich über eine Sperrminorität verfügen.
- Die Satzung kann Einstimmigkeit vorschreiben. Dann wären Geschäftsführer schon mit geringen Anteilen am Unternehmen sozialversicherungsfrei.
Diese Regeln gelten auch dann, wenn die Gesellschaft einen Beirat eingesetzt hat, der vor Entscheidungen gehört werden muss. Es zählen lediglich die
Stimmanteile, über die der Geschäftsführer selbst verfügt.
Wichtig: Übt der Geschäftsführer mit Vollmacht eines Anteilseigners dessen Stimmrecht aus, dann macht ihn das noch nicht zum Gesellschafter. Denn der Gesellschafter könnte die Vollmacht ja jederzeit widerrufen. "Entscheidender Gesichtspunkt dabei ist, dass der Geschäftsführer nach neuer Rechtsprechung die Möglichkeit hat, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers oder Dienstberechtigten abzuweisen", erklärt die IHK Köln in einem Informationsblatt im Internet. Ob er diese Macht auch ausübt, spielt keine Rolle.
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Gesellschafter/Geschäftsführer im Familienunternehmen
Es gibt aber auch eine Regel, die den Geschäftsführer auch dann zum weisungsgebundenen Arbeitnehmer degradieren kann, wenn er über eine
Sperrminorität verfügt: In einer Familien GmbH kann er seine Weisungsgebundenheit unter Umständen nicht aufheben, und kann deshalb auch mit Sperrminorität als Arbeitnehmer eingestuft werden, warnt das Institut für
Wissen in der Wirtschaft (IWW) in einem Onlinebeitrag zum Thema.
Andererseits kann in einem Familienunternehmen selbst ein
Fremdgeschäftsführer seine Versicherungspflicht verlieren.
Beispiel: Herr A. leitet als alleiniger Geschäftsführer ein Unternehmen, das seiner Familie gehört. Die Verwandtschaft lässt ihm freie Hand in Beschlüssen, obgleich er selbst keine Anteile besitzt. Da er nicht an Weisungen gebunden ist, kann Herr A. von der Sozialversicherungspflicht entbunden werden.
Kommt es zu einer Überprüfung durch die Rentenversicherung, kann sich also dennoch im Einzelfall eine
Sozialversicherungspflicht ergeben. Je geringer der Anteil am Unternehmen desto eher wird von einer Sozialversicherungspflicht auszugehen sein.
Checkliste: Status eines Geschäftsführers
Folgende Punkte tragen dazu bei, dass ein Geschäftsführer als
Selbstständiger eingestuft wird:
- Er besitzt mindestens 50 Prozent der Anteile des Unternehmens oder eine Sperrminorität.
- Freie Einteilung von Arbeitszeit und Arbeitsort.
- Überdurchschnittlicher Anteil von erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteil.
- Teilhabe am Unternehmerrisiko.
- Alleinige Branchen- oder Fachkenntnisse.
- Unmittelbare, alleinige Vertretung des Unternehmens nach außen.
- Gesellschafter, die zur Familie gehören, üben zugunsten des Geschäftsführers ihre Weisungsrechte nicht aus.
Folgende Punkte sprechen hingegen nach Angaben der
IHK Köln dafür, dass ein Geschäftsführer als Angestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
- Er ist nicht oder nur geringfügig am Kapital beteiligt.
- Einbindung in die vom Betrieb vorgegebene Arbeitsorganisation.
- Begrenzte Zuständigkeiten.
- Vereinbarung von Jahresurlaub, Überstundenvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
- Festes Jahresgehalt, verbucht als Lohn.
- Abschluss von Unfall- oder Lebensversicherungen zugunsten des Geschäftsführers.
- Er ist mit Anstellungsvertrag als Geschäftsführer angestellt.
Eine wichtige Rolle spielt daneben das
Selbstkontrahierungsverbot. Darf ein Geschäftsführer mit sich selbst Verträge abschließen (Selbstkontrahierung), dann gilt er als Selbstständig. Dass ein angestellter Geschäftsführer nicht über eigene Betriebsstätten verfügen darf, versteht sich von selbst.
Wichtig: Wenn ein Arbeitnehmer den Posten eines Geschäftsführers übernimmt und dadurch nicht mehr sozialversicherungspflichtig ist, dann muss er innerhalb von drei Monaten seiner Krankenkasse mitteilen, dass er freiwillig weiter gesetzlich versichert bleiben will.
Sonderfall: Rentenversicherung
Im Ausnahmefall können auch
Selbstständige rentenversicherungspflichtig sein. Der Gesetzgeber hat in § 2 Nr. 9 SGB VI einen Rentenversicherungsschutz für besonders gefährdete Berufsgruppen eingeführt. Demnach sind Selbstständige rentenversicherungspflichtig, wenn sie
- Im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
- Sie dauerhaft im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig sind. Bei Gesellschaftern zählen Auftraggeber die der Gesellschaft.
Rückweg in die Gesetzliche Krankenkasse
Wie wir gesehen haben, kann ein Gesellschafter/Geschäftsführer auf vielen Wegen der Sozialversicherungspflicht entkommen. Der Weg zurück in die
Solidargemeinschaft der Versicherten ist schwieriger. Das kann für den Geschäftsführer beispielsweise dann attraktiv sein, wenn die Beiträge für die private Krankenversicherung ansteigen.
Privatpatienten können nur auf zwei Wegen zurück in die gesetzliche Krankenkasse gelangen:
- Sie können eine sozialversicherungspflichtige Stelle annehmen – in einem Unternehmen, an dem sie höchstens in unwesentlichem Umfang Anteile besitzen.
- Wenn der Ehepartner gesetzlich krankenversichert ist, kann ein Selbstständiger über die Familienversicherung wieder in die GKV zurückkehren.
Die Anstellung muss im ersten Fall die
Hauptbeschäftigung darstellen, was Zeit und Einkommen betrifft. Für Personen ab einem Alter von 55 Jahren ist die Rückkehr in die GKV praktisch unmöglich. Für Gesellschafter/Geschäftsführer gibt es keinen Weg zurück in die Krankenkasse, ohne sich entweder von den Firmenanteilen zu trennen oder vom Posten des Geschäftsführers.
Nach Ablauf mindestens eines Jahres in einem sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnis könnte ein Gesellschafter theoretisch wieder auf seinen Geschäftsführerposten zurückkehren und in dieser Position
freiwillig versichert in der Krankenkasse bleiben (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Doch so einfach ist das nicht, erklärt der GKV-Spitzenverband in Berlin. Bei einer Einzelfallprüfung könnte ein sogenannter Gestaltungsmissbrauch unterstellt werden. Die Krankenkasse könnte dann auch die freiwillige Versicherung ablehnen.
Wörtlich erklärte der
GKV-Spitzenverband auf Anfrage: "Bestätigt sich die Annahme, dass jemand mit seinen Aktivitäten lediglich einen Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung bezweckt hat, wird die Mitgliedschaft wohl verwehrt." Ein naheliegendes Indiz hierfür könne zum Beispiel eine sehr kurze Dauer der Versicherungspflicht oder der Familienversicherung sein, heißt es weiter in der Antwort.
So kommen Besserverdiener in die Krankenkasse zurück
Auch weisungsgebundene, angestellte Fremdgeschäftsführer fallen schnell aus der Sozialversicherungspflicht heraus. Für Arbeitnehmer endet die Versicherungspflicht an der Allgemeinen
Jahresentgeltgrenze. Diese zählt zu den Rechengrößen in der Sozialversicherung. 2016 liegt sie bei 56.250 Euro. Übersteigt das Jahresgehalt eines Arbeitnehmers diese Grenze, kann der gesetzlichen Krankenversicherung den Rücken kehren und sich privat versichern.
Wer von dort wieder in die GKV zurückkehren will, muss sein Gehalt unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze drücken. Das geht auch ohne Einbußen im Einkommen. Der Geschäftsführer könnte beispielsweise folgende
Lösung aushandeln:
Das Unternehmen wandelt den Anteil, um den das Gehalt des Geschäftsführers die Jahresarbeitsentgeltsgrenze übersteigt, in eine
betriebliche Altersvorsorge um. Da Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge steuer- und sozialabgabenfrei bleiben, sinkt das Gehalt des Geschäftsführers so unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Damit tritt eine Sozialversicherungspflicht in Kraft. Der Geschäftsführer hat dadurch zwar weniger Einkommen zur Verfügung, aber er verliert kein Geld.
letzte Änderung W.V.R.
am 28.06.2024
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
© panthermedia.net / Wolfgang Filser
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30.12.2017 20:16:39 - christian
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